Gundischapur-Universität

Die erste große Universität der Welt

Von Prof. Dr. Alireza Ranjbar, Bonn

 

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Vorbereitungen zur Gründung der Universität Gundischapur wurden von Ardaschir Papakan, dem Gründer der Sasaniden-Dynastie, getroffen. Viele Historiker berichten, dass Ardaschir nachdem er die Regierungsgeschäfte erledigt hatte, sich tagtäglich mit wissenschaftlichen Arbeiten, Übersetzungen von Büchern und vergleichenden Studien beschäftigte. Er hat sich bemüht, die Engstirnigkeit der Weltanschauung bei den Kleinbürgern zu bekämpfen und die Bildung des Volkes zu verbessern und auszuweiten. Als Ardaschir erkrankte schrieb er an seinen Sohn und Nachfolger, Schapur, folgende Zeilen: „Mein Sohn, es ist durchaus möglich, dass Du im Laufe Deiner Regentschaft viele Länder besiegst und berühmt wirst. Aber wenn du willst, dass Dein Name und der Name unserer Dynastie verewigt wird, dann beherzige die Idee der Gründung einer Universität, für die ich die Vorbereitungen getroffen habe“
Nach siebzehnjährigen Bemühungen hat Schapur die Universität Gundischapur und damit ein bleibendes Kulturgut errichtet. Die Gundischapur-Universität hatte folgende Fakultäten: Medizin, Pharmazie, Mathematik, Physik, Astrologie, Astronomie. Philosophie, Ethik und Religion. Alle Studenten der Universität bekamen aus der königlichen Staatskasse ein Stipendium, damit der Student sich in Ruhe Weisheit aneignet und sich vom Kerker der Unwissenheit befreit. Die Studenten und Professoren waren international und multikulturell. Es gab christliche, jüdische, indische und griechische Studenten und Lehrer.

Medizinische Fakultät der Gundischapur-Universität

Die Medizinstudenten lernten, dass sie als Arzt verpflichtet sind, bei optimaler fachlicher Beratung und Behandlung zu versuchen, die Patienten in ihrem Leiden zu verstehen, sich Zeit zu nehmen, um zuzuhören und dann die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft verantwortungsbewusst auf die jeweilige individuelle Krankheitsproblematik und Gesundheitssituation anzuwenden. Sie lernten, mit ihrem Patienten dessen Krankheiten und Gesundheitsprobleme zu diagnostizieren und Entscheidungen über Therapiemaßnahmen zu treffen und erfolgreich durchzuführen.
Die weltberühmte Universität war auch eine Zentrale für weltweit in Ungnade gefallene Gelehrte, die ihre Zukunft in Gundischapur fanden: Die Philosophen aus der Athener Schule, die damals in ihrer Heimat verfolgt wurden, fanden Zuflucht und Aufnahme in Gundischapur. Sie durften dort alle als Gastprofessoren ihre griechische Philosophie ohne Angst und Verfolgung unterrichten. König Schapur überreichte jedem Hochschullehrer selbst die begehrte Professorenurkunde, welche durch eine prunkvolle Zeremonie regelmäßig als einer der Höhepunkte des akademischen Lebens galt. Schapur sagte in seiner Eröffnungsrede: „Unser Schwert öffnet uns neue Länder und unser Wissen und unsere Weisheit erobern die Gehirne und die Gedanken“. Die Universitätsbibliothek bestand aus 259 Zimmern, deren Regale mit Büchern gefüllt waren, worunter sich auch Werke in ausländischen Sprachen befanden. Edward Brown sagt: „Die Welt hat noch nie ähnliches wie die Universitätsbibliothek in Gundischapur gesehen“.

Internationaler medizinischer Kongress

Im Jahre 261 n. Chr., fand ein internationaler medizinischer Kongress an der Universität Gundischapur unter Leitung des Gesundheitsministers von König Schapur, Dorostpad-Dschebril, der gleichzeitig auch Dekan der medizinischen Fakultät der Universität war, statt. Außer iranischen Ärzten fanden sich unter den Kongressteilnehmern auch griechische, römische, indische und jüdische Ärzte und Wissenschaftler, die tagelang über Krankheiten, Diagnosen und Therapien miteinander diskutierten und alle Diskussionsbeiträge schriftlich niederlegten, so dass nach der Beendigung des Kongresses ein Buch mit allen Beiträgen vorlag.

 

Literatur:

  1. Robert McC. Adams and Donald P. Hansen:  Archeological Reconnaissance and
         Soundings in Jundi Shahpur, Ars Orientalis 7, 1968, pp. 53-70
  2. Friedrun R. Hau: Gondeschapur, eine Medizinschule aus dem 6. Jahrhundert n. 
         Chr. Gesnerus, XXXVI/1979, S. 98-115.
  3. Heinz Herbert Schöffler: Die Akademie von Gondischapur. Aristoteles auf dem Wege in
         den Orient, 2. Aufl., Stuttgart 1980
  4. The Cambridge History of Iran, Bd. 3–4, Cambridge 1983
  5. Daniel T. Potts: Gundešapur and Gondeisos, in Me‚ langes P. Amiet II, Iranica Antiqua, 1989, pp. 323-35.
  6. Nadjmabadi M.:  Historie de la medicine en Iran, 2nd. edition, Tehran University Press, 1992
  7. Tajbakhsh H.:  History of veterinary medicine and medicine of Iran, Vol. 1, Tehran University Press, 1993
  8. Frye, Richard Nelson: The Golden Age of Persia, Weidenfeld & Nicolson, 1993.
  9. Daniel T. Potts: The Archaeology of Elam. Cambridge University Press, Cambridge 1999, S. 419–424
  10. George Ghevarghese Joseph: In his Crest of the Peacock, Princeton University Press, 2000